Feindsoul

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Joerg Nawra aka Feindsoul, ist Drum & Bass aus Frankenthal. Baesse.de stellte dem netten Mann aus der Pfalz ein paar Fragen über seine Person, die Produktionen im Studio und Kollaborationen, sowie seine Zukunftspläne.

Wenn ich die Frage stellen darf…Wie alt bist du und wo lebst Du?
Darfst Du. Ich bin 40 Jahre alt und lebe, nach Zwischenstationen in Mainz und Berlin, in Frankenthal.

Wie stehst Du zur momentanen Drum & Bass Szene?
Musikalisch finde ich Drumandbass im Moment sehr spannend: Im Neurolager passiert super viel und seit ein paar Jahren feiert der typische Bristol-Sound seine Renaissance. Es gibt einige frische, gute Produzenten und auch ein paar der alten Hasen sind aus der Versenkung wieder aufgetaucht.

In Deutschland haben sich jede Menge kleinere Partyreihen etabliert die auch ohne UK-Bookings gut laufen und sich deshalb auch mal ein nationales Booking erlauben können das etwas mehr als Fahrtkosten und Bier kostet.

Ich empfinde es so dass in Deutschland ein gutes Networking zwischen Artists & Promotern stattfindet und ein recht herzliches Miteinander herrscht. Wobei es natürlich auch immer Ausnahmen gibt… Was ich etwas kritisch sehe, ist, dass viele Parties ihren Sound recht strikt reglementieren und sich als reine Neuro- oder Jumpup-Party verstehen. Das erinnert mich an die frühen 2000er als Liquid und der damalige Neurofunk sich unbedingt emanzipieren mussten. Natürlich verstehe ich weshalb das so ist. Aber eigentlich sollte ein Drumandbass-Abend auch ohne dieses Subgenre-Denken funktionieren.

Wie und vor allen Dingen Wann, bist du zum Djing und Produzieren gekommen?
Etwa Mitte der 90er war Drumandbass plötzlichüberall. Ich war zwar nie der klassische Raver, habe mich aber sofort in die Energie und die Vielseitigkeit der Musik verliebt. Etwa 1996 habe ich dann angefangen Platten zu kaufen und aufzulegen.

Ernsthaft mit dem Produzieren angefangen habe ich etwa 2005. Eigentlich wollte ich immer nur DJ sein, aber Tony (Mad Vibes) und ich wurden zu dieser Zeit Freunde und haben in seinem Studio recht viel zusammen gearbeitet. Einen viel besseren Mentor kann man vermutlich kaum haben. Tony hat mir gezeigt wie eine DAW funktioniert und mein Gehör geschult.

Definiere uns bitte Deinen Sound, den Du spielst und Produzierst?
Ich baue meine Sets immer wie eine Art“Journey through Drumandbass“auf, spiele Bristol Roller, kontemporären Jungle, Jumpup, Neurofunk aber auch die eine oder andere deepe Nummer. Nur einen Sound zu spielen, würde mich langweilen und dem, was Drumandbass zu bieten hat, auch nicht ganz gerecht werden. Ein reines Jumpup- oder Neuroset wäre nicht mein Ding. Das bedeutet zwar, dass ich auf einen Großteil der Parties eher nicht gebucht werde, aber das ist ja auch völlig ok. Ich mag mich nicht verbiegen, nur um zu spielen. Und es gibt genug sehr gute DJs die mehr oder weniger einen festen Style fahren.

Wenn ich produziere, muss es rollen. Ich mag gute Samples. Das was in den 90ern auf Full Cycle, Protocol, Dope Dragon und V Recordings passiert ist, hat mich in jedem Fall geprägt.

Welche Plattform/en nutzt du zum Produzieren?
Ich produziere mit Logic.

Mit welchem Equipment produzierst du? Eher die digitale Schiene, oder werden auch analoge Geräte verwendet?
Ich bin ja produktionstechnisch ein absoluter Spätzünder. Deshalb war Hardware für mich nie so wichtig. Ich mag den digitalen und sehr zielgerichteten Workflow. Andere Leute sehen das anders, aber ich bin–egal ob beim DJing oder Produzieren–nicht so der Typ für Glaubenskriege. Am Ende zählt das Ergebnis und ob die Leute im Club dazu tanzen.

Du arbeitest viel mit Bassface Sascha zusammen. Wann und Wie ist es zu dieser Kollaboration gekommen?
Sascha kenne ich seit Ende der 90er würde ich sagen. Der Kontakt kam damals durch Franksen der die Knietief in Beats in Wiesbaden veranstaltet. Wir haben ab und an auf den gleichen Parties gespielt und Sascha hat mir immer mal wieder Promos seiner Labels in die Hand gedrückt. Das war’s aber eigentlich auch schon.
Als ich dann nach Frankenthal gezogen bin, kam irgendwann morgens eine SMS von Sascha. Er wusste dass ich jeden Tag mit dem Zug nach Frankfurt pendelte. Und da gerade ein totales Schneechaos herrschte, bot er an, mich mit dem Wagen mitzunehmen. Auf der Fahrt nach Frankfurt haben wir die ersten Colab-Pläne geschmiedet und kurz darauf losgelegt.

Produziert ihr zusammen in einem Studio oder schreibt jeder für sich selbst und es bewegt sich nur auf einer Internet-Zusammenarbeit?
Wir produzieren zusammen in Saschas Studio. Manchmal komme ich mit einer Tasche voll Samples zu ihm die wir dann gemeinsam sichten, manchmal hat Sascha schon mit einem Beat angefangen den wir weiter bearbeiten und manchmal fangen wir einfach bei null an.
Sascha wohnt etwa fünf Minuten die Straße runter–ich bin also schneller bei ihm, als ein Logic-Projekt in die Dropbox geladen wäre.

Was beschäftigt Dich neben dem Djing und Produzieren noch?
Drumandbass hat schon einen sehr hohen Stellenwert in meinem Leben und viele der Dinge die ich mache, drehen sich darum. Neben den Produktionen und dem Auflegen schreibe ich Drumandbass-Reviews für das Faze Magazin und hatte in den vergangenen 15 Jahren wohl in fast jedem Magazin das sich in Deutschland mit Drumandbass beschäftigt irgendwie meine Finger mit drin.Über 10 Jahre lang habe ich gemeinsam mit MC DubLN Drumandbass-Parties in Mainz veranstaltet, bin aber aus dem Promoter-Ding mittlerweile weitestgehend raus.

Ich habe mit Mitte 30 wieder angefangen Skateboard zu fahren–das mache ich zwar ziemlich schlecht, aber es ist trotzdem ein netter Ausgleichssport zur Musik.

Welche musikalischen Vorbilder hast du?
Das kann ich garnicht so genau sagen. Es gibt sicher eine Menge Leute, die mich irgendwie beeinflusst haben oder deren Musik oder Haltung ich super finde. Es gab aber nie jemanden,den ich wirklich als Vorbild bezeichnen könnte. Das sind eher immer so kleine Impulse die alleine kaum aufzählenswert oder nachvollziehbar wären. Ich glaube dass die größten Einflüsse meist aus dem direkten Umfeld kommen.

Was steht in der nächsten Zeit, Releasetechnisch in der Pipeline?
Ende September sind Sascha, Morgan Jay und ich mit einem Track auf der“The Xtraordinary League Of Junglists“LP auf Ruffneck Ting vertreten. Unser Track ist – und das freut mich besonders – einer der wenigen Tracks der Compilation, der auch auf der limitierten Vinyl-Version mit dabei ist.
Vermutlich Ende des Jahres kommt ebenfalls auf Ruffneck Ting eine EP von Sascha und mir. Und natürlich arbeiten wir gerade an neuen Tracks.

Ist eventuell ein Album (mit Bassface Sascha oder Solo) geplant)?
Was ein gemeinsames Album angeht: Darüber haben wir uns noch nie Gedanken gemacht. Aber ich glaube eher nicht. Wir haben beide nicht so ultraviel Zeit und ich würde Tracks ungern ein Jahr oder länger rumliegen lassen bis dann ein komplettes Album fertig ist. Ich mag es, Sachen fertig zu machen und möglichst gleich am nächsten Tag an das Label unserer Wahl zu verdealen.

Auf welchen Labels bist du gesigned?
Im Moment sind das Audio Addict, Higher Stakes Recordings, Technique, Natty Dub und Ruffneck Ting.
Mit Dazee von Ruffneck Ting habe ich schon ein paar Jahre zu tun und das Label ist für mich mittlerweile ein bisschen zur musikalischen Homebase geworden. In Ruffneck Ting steckt viel Liebe zur Musik, Herzlichkeit, Humor und trotzdem Professionalität drin–eine Mischung die mir ziemlich gut gefällt.

Wie war Deine musikalische Entwicklung bis du zu Deinem heutigen Sound angelangt bist?
Musikalisch sozialisiert wurde ich durch Punkrock. Ende der 80er, Anfang der 90er hießen meine Helden Slime, Spermbirds, Bad Religion, Descendents, Stupids und Suicidal Tendencies. Später kamen Indiebands wie Dinosaur Jr, Buffalo Tom, Mega City Four und noch später deutschsprachige Bands wie Blumfeld, OZSWMK, Die Sterne und Tom Liwa dazu. Gitarrenmusik ist für mich auch heute noch super wichtig.
Elektronische Musik ging für mich erst um 93 mit Orbital, Aphex Twin, FSOL und natürlich The Prodigy los. Der Schritt zu Drumandbass war ab da nicht mehr so weit.

Nenne uns Bitte 5 Tunes, die wegweisend für Deinen musikalischen Werdegang waren und warum?
Puuh–das ist schwierig. Es gibt so viele gute und wichtige Tunes. Aber man sagt ja die Kindheit sei am prägendsten, deshalb nehme ich einfach mal ein paar Nummern aus der Zeit als ich angefangen habe aufzulegen.

Krust – Warhead (V Recordings): Einer der größten Roller aller Zeiten. Warhead stand Pate für so viele andere Tunes und ist heute immer noch so aktuell wie 1997.

Breakbeat Era – Ultra-Obscene (XL Recordings): Der Track hat Drumandbass damals für mich persönlich auf ein neues Level gehoben.

Rob & Goldie (Moving Shadow): The Shadow (Grooverider Jeep Mix): Eigentlich könnte ich hier fast jedes Moving Shadow Release nennen, aber gerade dieser Remix hat mich damals ziemlich geflasht.

Missing – Known Around the Hood (Tearing Vinyl): Jumpup wie er sein muss. Hiphop-Sample inklusive.

More Rockers – The Cure (More Rockers): Ganz einfach ein großer Tune zwischen Jungle und Dub mit einem großartigen Diana Ross Sample.

Vielen Dank für das Interview Joerg.

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