Maysev – “Just Friends”
Wenn man möchte, kann man echt gefühlt jeden Tag einen neuen DNB-Artist entdecken. Ob die dann auch immer gut sind, is natürlich immer so die Frage. Die Frage stellt sich bei Maysev allerdings echt nicht, er ist einer von den wirklich extremst guten. Seine Backstory in Kurzform: Alexander Lipka, 20 Jahre alt, aus Regensburg. Kam über IMANUs Patreon und den dazugehörigen Discord so richtig in die Szene rein, wo er dann direkt Connections mit Leuten wie Secula, Matens oder Hydrae knüpfte. Nach seinem allerallererster Track via Sinful Maze, ein Free Download Remix von YAANO und SLWDWN’s „Here With Me“, folgte auch prompt das „richtige“ Debüt mit seiner atemberaubenden „Onward“ EP auf NËU. Mit dem selbstständig releasedten „Just Friends“ folgt nun der zweite Geniestreich des Newschool Synth Maysevtros. Wie schon seine EP zuvor, strotzt dieser neue Track nur so von einzigartigem Sounddesign und Emotionen. Während die erste Hälfte einen erst emotional abholt und dann einfach nur mit Windstärke 14 umhaut, ist die zweite Hälfte mit seinem wilden Triplet-basierten nicht-so-ganz-Halftime Flow eher etwas für die, die ihren Ohren mal ein komplett neues Erlebnis bieten wollen. Ganz großes Kino. (Lennart Hoffmann)
Release: 26.11.2021
Label: Selfreleased
Katalognummer: -/-
Wertung: 9.5/10
Phonetic – „Losing Control / Feel Good“
Endlich komm ich mal dazu etwas über Phonetic zu schreiben! Der gute Laurenz Baumgartner aus Innsbruck ist schon seit ich ihn über seine 2020 Single auf Fresh Recordings kennengelernt hab ganz weit oben auf meiner Liste von interessanten Künstlern, aber durch die letzten paar Releases ist er langsam echt zu einem meiner absoluten Lieblinge aufgestiegen. Inzwischen ist er auch gar nicht mehr soo der Geheimtipp, so wie er gerade regelmäßig auf Labels wie Liquicity, Viper und High Tea rumturnt, aber er bleibt trotzdem weiterhin underrated wie sonst was. Allein seine Live mixes verdienen wesentlich mehr Aufmerksamkeit, aber stopp, wir sind doch hier für die neue Single! Den Anfang auf diesem auditorischen Gute Laune Zaubertrank in zweifacher Ausführung macht „Losing Control“, der mir in überragender 2010er Dancefloor Manier direkt selbst am ödesten Montag ein breites Grinsen aufs Gesicht zaubert. Mit Teil 2, „Feel Good“, schaffts Phonetic aber trotzdem am Ende noch einen drauf zu legen. Dieses Vocalsample, diese Piano-Einlagen, hach, ich lieb’s einfach. (Lennart Hoffmann)
Release: 06.12.2021
Label: Ridmic
Katalognummer: RDMC006
Wertung: 9/10
Phace – „System Irrelevant LP“
Ich glaub, für Phace muss man euch keine Backstory geben. Das wichtigste: Es gibt neue Musik von ihm! Auf 6 Tracks, mitsamt dazugehörigem grandios-verstörten audiovisuellen Erlebnis via UKF, verarbeitet er all die in den letzten fast 2 Jahren in ihm aufgestauten Emotionen. Wie man es von Phace gewohnt ist, strotzt jede einzelne Minute dieses Mini-Albums nur so von einzigartigem Sounddesign und Vibes. Auf dem nach seinem Hamburger Heimatsbezirk „Altona“ benannten Opener fährt er nicht nur die ganz großen Synthgeschosse auf, er lässt auch seinen typisch strangen Drums und zerschnetzelten Vocals freien Lauf. „Useless“ wirft daraufhin mit seinem unermüdlichen Pochen die typischen DnB Rhythmen komplett über den Haufen. Eine Beschreibung, welche man dem darauf folgenden „Lacuna“ zwar auch zuschreiben kann, die aber dem stets voranschreitenden, gänsehautauslösenden Meisterwerk nicht ganz gerecht werden würde. Phace’s verspieltere Seite zeigt sich dann auf „Gottverdammt“, welches mir mit seinen fast froschartigen Samples und wummerndem Bass ein Lächeln auf’s Gesicht zaubert, und „Konstrukt“, welches mit seinen bouncy Beat meinen Kopf immer wieder zum Mitnicken bringt. Zu guter Letzt zerrupft uns „Farce“ mit seinen außerirdischen Sounds und Rhythmen das letzte bisschen Rest Hirn. Also wenn eine EP systemrelevant sein kann, dann ja wohl diese! (Lennart Hoffmann)
Release: 01.12.2021
Label: Neosignal Recordings
Katalognummer: NSGNLLP06
Wertung: 9/10
Minos – “Talisman EP”
Straight outta Heidelberg kommt mal wieder eine von vorne bis hinten grandios geschmeidige Liquid EP, aber das ist beim guten alten Minos auch fast schon selbstverständlich. Mit dieser neuen Platte zelebriert er auch die Premiere seines brandneuen Labels, Relik Recordings. Für diesen Anlass hat er aber auch echt die Crème de la Crème seines Integral-angehauchten Sounds zusammengesucht. „Affected“ mit seinen simplen aber extremst effektiven Oh’s und Ah’s und einer rundum klasse Atmosphäre macht den Anfang, gefolgt vom Titeltrack „Talisman“, dessen im Wind der schnellfeuernden Drumloops zerstreute Glockenspiele, Blasinstrumente und Vocals die wunderschöne Atmosphäre aufrecht erhalten. „Want U“ schaltet noch mal einen Gang runter und legt den vollen Fokus auf das traumhafte Piano und den ersten „richtigen“ Vocals der EP. Zusammen mit dem Vogelzwitschern und dem laufenden Bach im Hintergrund echt ein Traum. Zum Ende hin legt Minos mit „Breakdown“ noch mal ein richtiges, auf den guten alten Think Breaks basiertes Brett hin, alles von den souligen Vocals bis hin zu all den unterschiedlichen zusammenspielenden Instrumenten passt einfach perfekt zusammen. Richtig richtig schöne EP mal wieder. (Lennart Hoffmann)
Release: 26.11.2021
Label: Relik Recordings
Katalognummer: RR001
Wertung: 8.5/10
Sevin – “Forlorn LP”
Nein, hier geht es nicht um die gleichnamige Hyroglifics EP, sondern um ein abwechslungsreiches Album von Sevin, welches ganz einfach auf Bandcamp zu bekommen ist. Den Producer kenne ich schon länger und es ist einer der unterschätztesten im Game, das müsst ihr mir einfach glauben. Was er an Flavour und Produktionslevel an den Tag legt, ist aus’m ganz hohen Regal. Dabei tendiert sein Sound meist in deepe, liquide, oft auch jazzige Gefilde. Das sind dann auch entsprechend meine Favs des Albums. Insbesondere „20 Seconds“, „How She Did It“, „Jaded“ und „This Ain´t Livin’” transportieren so viel Gefühl, wie es selbst der Swing der Goldenen Zwanziger nicht besser machen könnte. Dennoch gibt es auf dem Album sowohl noch deepere Titel (u.a. der Titeltrack „Forlorn“), als auch härtere Bassdrums (z.B. „Winding Down“) und auch Amen-Tracks (z.B. „I Could Be“, „Sometimes). Ach ja und einmal MC Fats ist auch dabei – einer, der nun wirklich jeden Track vergolden kann. Für mich das heimliche Album des Jahres, so ganz und glücklicherweise abseits des Mainstreams. Chapeau Joel, für diese Meisterleistung! (Metric)
Release: 20.11.2021
Label: self-released
Katalognummer: –
Wertung: 8/10
Sl8r – “Temptation EP”
Da ich treuer Hörer von Bryan G’s Podcast als auch seinen Shows auf Bassdrive bin, warte ich schon eine Weile auf dieses Release, genauer gesagt insbesondere auf den titelgebenden Track der EP. Sl8r ist einmal mehr ein gelungenes Signing für den V-Recordings-Kosmos und er bringt in so jungen Jahren schon einen unglaublich ausgereiften Sound auf die Kette. „Temptation“ ist ein großartig epischer Track mit trancigem Sounddesign, der aber nie kitschig wird. Einmal anschalten und 6min in voller Länge genießen bitte. Für Freunde der gepflegten Stepper gibt´s dann noch die breakigen Titel „Hasbulla“ und „System“. „It´s Amazing“ feat. Patch Edison hat´s verdächtig auf die Kategorie Ohrwurm abgesehen. Der Track hat eine beinahe schon frech simple Beatstruktur, lässt aber dadurch den Vocals genug Raum. Er ist ganz anders als „Temptation“, aber fast genauso genial. Mr. Sl8r, die Verführung ist gelungen! (Metric)
Release: 26.11.2021
Label: V Recordings
Katalognummer: PLV152DD
Wertung: 7/10
Audio – “Unsocial”
Ok, das kam überraschend. Also nicht nur der Zeitpunkt der Veröffentlichung eines neuen Albums von einem der Pioniere des Drum and Bass, so kurz vor Ablauf dieses schwierigen Jahres. Sondern auch der Style, der auf dem Longplayer zu finden ist. Gut, der Vorab-Sampler mit „Spider Tank“ und „Kimura“, der im Oktober erschien, ließ so ein bisschen vermuten, wohin die Reise gehen würde. Aber auch da wieder überraschend, dass diese beiden Titel nun gar nicht mehr auf dem Album zu finden sind. Fünf Jahre nach „Beastmode“ erschien „Unsocial“ nun auch wieder auf Ram und irgendwie lavieren die darauf enthaltenen Tracks auf des Messers Schneide zwischen Neurofunk und Tech(step). Es ist kein klassischer Neurofunk mehr, aber auch kein minimalistischer Tech und Foghorn schon mal gar nicht. Dafür ist’s voll mit Claps und Snaps, generell ziemlich perkussiv und ab und an blitzen Audios böse Basslines noch mal auf. Auf jeden Fall sind die Tracks nicht dahin gerotzt. Man hört ihnen an, dass da ne Menge Zeit in den Produktionsprozess investiert wurde. Dennoch irgendwie ein schwer einzuordnendes Album. Ich habe schon die ersten Kommentare der enttäuschten Audio-Fans gelesen, die sich so was wie „Genesis Device“ oder „The Edge Of Reason“ zurück wünschen. Ich für meinen Teil bin dann mehr beim Künstler und gestehe ihm gern seine Entwicklung zu, auch wenn zunächst noch ein paar Fragezeichen mehr über den Ohren stehen bleiben. Möglicherweise bin ich aber eingeknickt, indem ich dann doch „Claymore“ als meinen Favoriten auserkoren habe, der von allen Tracks am ehesten noch dem klassischen Neurofunk nahe kommt. „Unsocial“ ist für mich auch als Titel überraschend. Vielleicht eine Anspielung auf das derzeitige gesellschaftliche Mit- bzw. Gegeneinander? Da ich das Glück hatte, Audio einmal persönlich kennen lernen zu dürfen, kann ich sagen, dass der erste Eindruck in krassem Kontrast zu ihm als Menschen steht. Gareth ist einer der nettesten Typen ever und ein Headliner, wie man sich ihn nur wünschen kann. „Unsocial“ dagegen ist kein Wunschkonzert, sondern ein persönliches Statement im Albumformat. Nimm es, wie es ist oder lass es bleiben. Audio is too big to fail! (Metric)
Release: 26.11.2021
Label: RAM Records
Katalognummer: RAMMLP47D
Wertung: 7/10