Various Artists – “Neksus Sound Presents: Horizon”
Neksus, Neksus, immer wieder Neksus. Wenn ich so was wie ’ne treue Anhängerschaft zu irgendeinem Label schwören müsste, ich würde dieses wählen. Nach meinem Dafürhalten fahren sie genau den Sound der Zeit! Noch kontemporärer? Unmöglich! Stattdessen gibt’s hier die allererste VA des Imprints zu besprechen und die hält natürlich nichts als den frischen Fisch des derzeitigen sophisticated DnB bereit. Die Labelheads Annix höchstselbst eröffnen den Reigen mit „Amphibian“, einer für sie typischen Arbeit und dem dann doch überraschenden Switch zu Dubstep im zweiten Part. Kommen wir daher erst mal zu meinen Favs. Dies ist zunächst der Mann der Stunde Coil Circuit, einmal mehr mit nem Track stabby as f. „Dissect“ erinnert mich an seinen Remix für Noisias „Motion Blur“, ist möglicherweise zu einer ähnlichen Zeit geschrieben. Ansonsten macht der noch nicht mal volljährige Bub zur Zeit eh alles richtig. Ein Tune catchiger als der andere. Breakthrough talent, trust me! Ebenso zu meinen Lieblingen der Compilation zählt “Stun Gun” von Maze, einem Artist, der mit JumpUp seine Sporen verdiente und den Switch zum aufgeräumten Sounddesign der Rollers wunderbar hinbekam. Unbedingt noch zu nennen ist Tian. Der junge Slowake tritt hier mit „Lift It“ an und erinnert mich im Sound bisschen an Phace. Im Bassbereich ist jedenfalls ordentlich was los. Gefällt sehr! Weitere, teilweise eklatant bizarre Sounds findet ihr hierauf noch en masse, u.a. von Atmos (der Simula für meinen Geschmack schon ein wenig zu stark nachmacht); Redpill mit einer übel verrückten Nummer fernab seiner eigentlichen Neuro-Berufung oder Result bei seiner Rückkehr mit einem nicht minder psychotischen Track, dem es ohrenscheinlich an Sub fehlt, welcher dann aber doch von der Bassdrum ausreichend gezogen wird. Ach, es gibt so viel wilden Stuff auf der Compilation zu entdecken, dass ich mich kaum satt hören kann. Neksus, das ist und bleibt einfach mein Ding. Schon, weil ich mit dem Scouting des Vorstands absolut zufrieden bin. Wäre ich in der Position, ich würd’s genauso machen. Immer weiter nach Talenten suchen, bis zum Horizont! (Metric)
Release: 11.12.2024
Label: Neksus Sound
Katalognummer: NEXVA01
Wertung: 9/10
Various Artists – “Dialect Audio – Neurofunk Selections I”
Ich bin ja grundsätzlich ein Freund von konzeptionellen Veröffentlichungen, denn das minimiert mindestens schon mal das Risiko, dass sich irgendein enthaltener Titel wie ein Fremdkörper anfühlt. Beim estnischen Imprint Dialect Audio setzt man das Ganze total stringent um und so kann man nach der „Liquid Selections I“ in 2023 und der „Minimal Selections I“ in 2024 sowie der hier vorliegenden Geschichte schon von einer Compilation-Reihe sprechen. Diesmal geht’s also direkt an die Neuronen. Wie schon bei den anderen beiden Ausgaben wird hier nicht das ganz große Namedropping betrieben und doch schleichen sich neben vielen Newcomern auch einige Artists ein, die bereits seit Längerem ein Begriff sein sollten. So z.B. 9thwave und Samosudo (bekannt von Paperfunk); The Fi5th (von Close 2 Death oder Brainrave Music); Anizo und It’s Tricky (von Stonx Music bzw. Abducted Ltd) oder das sympathische Hamburger Duo O&P von Sinful Maze. Besonders angetan haben es mir allerdings wieder mal (beinahe noch in Gänze) unbekannte Namen. Zum einen Estonsky & Flex mit „Feel The Heat“. Und ja, der Name ist Programm. Das Drumming bzw. die Snare ist einigermaßen göttlich, so dass es sich in den Buildups sogar interferierende Vice-Parts erlaubt. Am Ende scheppert jedoch der ganze Track einfach herrlich. Zum anderen handelt es sich um meine persönliche Entdeckung des vergangenen Jahres: Joro Dudovski. Analog seiner bisherigen Arbeiten geht es bei „Her Ignited Skin“ ein ganzes Stück mehr in Richtung sophisticated DnB à la NËU oder Neksus, doch verglichen mit einigen seiner anderen Tracks (die es für den ganz schmalen Taler auf Bandcamp gibt), ist das Ding hier vergleichsweise aufgeräumt und passt damit super ins DJ-Set. Es gefiel mir so gut, dass ich’s „versehentlich“ auch noch mal gekauft habe, obwohl ich’s schon in der Promolist mit dem Rest der VA hatte. Abgesehen von bereits erwähntem „Feel The Heat“ geht jener [der Rest] mal mehr und mal weniger auf die 12; ist mal mehr techy und mal ein bisschen melodischer; ohne größere Überraschungen und dennoch allemal solide (klanglich lassen sich tatsächlich einige Parallelen zu Paperfunk ziehen). Labels, die abseits der großen Player Neurofunk releasen, sollte man jedenfalls nie unterschätzen oder gar außen vor lassen. Zu entdecken gibt’s immer was! (Metric)
Release: 29.11.2024
Label: Dialect Audio
Katalognummer: DIA33
Wertung: 8/10
Various Artists – “Riot Records Presents – Venom Vol.1”
Noch mehr verschiedene Künstler auf einem Release gebündelt. Gönnung! Diesmal geht’s nach good old UK zu des Geistes Kind von Georgie Riot. Und wer schon den Aufruhr im Namen trägt, der wählt selbstverständlich einen dazu passenden Titel für eine etwaige Compilation. Nach den drei im Wortsinn verwandten „Uprising“-Compilations folgt nun also die Bosheit – „Venom Vol.1“. Kann man sogar zynisch sehen, denn für manche steht JumpUp als Synonym für ebenjenes Böse oder Giftige im DnB, was man lieber nicht anfasst. Doch genau das ist die Marschrichtung für hier vorliegenden Sampler. Im Promotext heißt es gar: „Jump Up Only“. Genrefundamentalisten: ab jetzt bitte aufhören zu lesen! Für die anderen: hier gibt’s Fast Food für euren USB. Los geht’s mit Atmos & Robitos’ „Drop It Now“. Atmos ist wie so viele enorm auf dem Simula-Vibe unterwegs und ja, imitiert ihn auch, setzt das technisch allerdings recht proper um. In diesem Fall gar mit witzigen Rave-Leads versehen. Abgesehen von den eher typischen JumpUp-Nummern von FMS, Gouki, Arc Nade & Djouth sowie Freexmn, geht es bei den übrigen Titeln tatsächlich jeweils recht individuell zu. Hervorzuheben ist insbesondere Track 4: DJ Shredder & Rottor – „Take Your Place“ – welcher Head, der auf Rollers steht, kann einer solchen Bassline widerstehen?! Einen Ticken härter und damit eine Art Hybrid aus JumpUp und techigeren Stilen erschafft Jonth mit „Higher“, Prädikat Killer! Ähnlich zwingend ist Insmniak – „On The Dancefloor“, doch hier sind’s natürlich die shuffled Stabs. Anders, aber genauso Killer! Erwähnenswert ist noch Parallel, u.a. bekannt von Grid Recordings, der hier mit „Subzero“ einen für seine Verhältnisse echt deftigen Track abliefert. Das Gift ist ausgelegt. Jetzt geht’s nur darum, wer’s frisst! (Metric)
Release: 06.12.2024
Label: Riot Records
Katalognummer: VENOMVOL1
Wertung: 8/10
Zentronic – ”Be Around You (I Can’t)”
Neue Talente mit Hang zum Futuristischen gibt’s, zu meinem Glück, gerade mehr und mehr. Selbst in unseren Landen taucht immer mal wieder ein mir neuer Name auf, dessen einzigartige Produktionen mich dann aus dem Nichts umhauen. Zentronic ist einer davon! Aus DnB Hochburg Köln heraus, hat Vinzent Ernser, der Mann hinter dem in jederlei Hinsicht sehr frischen Projekt, bereits seit 2013 so einiges an relaxing lo-fi hiphop beats to chill and zen out to gebastelt, damals aber noch als OG Vinnez. Zwar hat Cousin Vinny sich auch in den Deep und Tech House Gefilden rumgetrieben, und zwischendurch auch sweete Mixtapes gezaubert, so richtig los ging’s dann aber erst wieder letztes Jahr. Als Teil des SOLANUM Kollektivs, gibt’s nicht nur live gehirnzwirbelnde Musik auf die Ohren, seit Mai 2024 zwirbelt er offiziell auch eigenhändig, und mit seinem Neuesten, Be Around You (I Can’t), ist ihm ein echter Geniestreich gelungen. Glänzend-schimmernde Synths, eine wahrhafte eingängige Mixtur aus spitzen Sticheleien und den Raum füllenden Basswellen, mit wunderbarem Vocal on top – so gut einfach nur. (Lennart Hoffmann)
Release: 01.01.2025
Label: -/-
Katalognummer: -/-
Wertung: 9/10
Buffasyze – ”U (Make Me Feel)”
Apropos talentierte deutsche Newcomer: höchste Zeit, dass wir hier mal über Buffasyze reden! Im Alter von lediglich 21 Jährchen, hat Leon Goossens, der Mannheimer Multigenre-Enthusiast mit Hang zum Techy DnB hinter dem Projekt, nicht nur bereits einige Karrierehöhepunkte wie eine Debütshow im legendären Kölner Bootshaus abhaken können, seit 2023 feuert er auch einen absolut verrückten Zerschnitzler nach dem anderen raus. Ob allein, oder in Zusammenarbeit mit JK REPTILE, CRAANG, iFeature, oder KEMARE, bei ihm bekommt man immer höchste Qualität geliefert. Sein neuester, U (Make Me Feel), setzt dem Ganzen aber nun echt die Krone auf. Die vom minimalistischen Intro, in dem die Vocaleinlagen auf sanften Pianos bereits für allerlei Gänsehautmomente sorgen, so grandios aufgebaute Atmosphäre, wird von einer Barrage aus abgrundtief bösartigen Bässen auf unberechenbarem Trommelfeuerwerk in tausende Stücke zersprengt – auf eine gute Weise, versteht sich! Das, zusammen mit wunderbar gesetzten Synths, und einem zweiten Drop, der sich gewaschen hat, macht aus diesem neuesten Stück meinen, bisherigen, absoluten Favoriten des Mannheimers. Aber so wie ich ihn einschätze, kommt da noch einiges mehr auf uns zu in Zukunft! (Lennart Hoffmann)
Release: 24.01.2025
Label: -/-
Katalognummer: -/-
Wertung: 9.5/10
TomJoe – ”I brauch no oans”
Nun mal zu etwas ganz anderem: DnB auf Bayrisch! Wer kommt auf solche hanebüchene Ideen? Na das Trinkertrio TomJoe natürlich! Seit ihrem offiziellen Beginn in 2022, damals noch nur aus Zweiergespann Felix „EngJoe“ Engler und Thomas Willibald bestehend, gibt’s sowohl musikalisch als auch auf YouTube allerlei bayer- und bier-isches Kulturgut zu vernehmen, allem voran ihr „TomJoe beim saufen in Ungarn“ Vlogging Meisterwerk. Neben allerlei verschiedener Genreexperimentierfreudigkeit, gab’s dabei sogar den ein oder anderen DnB! So richtig durchgestartet sind sie dann aber letztes Jahr, als sie nicht nur mit dem Zugang von Kevin „DJ Mirror“ Spiegel ihre Trinkstärke um 50% steigern konnten, sondern auch ihre erste Live Show und ihren ganz eigene Podcast Tafelrunde auf die Beine stellen konnten – und mit „I brauch no oans“ ist ihnen dann auch noch eine wahre Trommelbass Hymne gelungen! Als ob Andromedik mit Lederhosen auf die Welt gekommen wäre, wird hier groß aufgezogene, orchestrale Instrumentalisierung und die klassisch-spaßige Mischung aus Rap(s)- und Getranksvocals direkt in ohrwurm-garantierende Synthhymnensektionen überführt. Hört man auch nicht oft sowas! (Lennart Hoffmann)
Release: 09.10.2024
Label: -/-
Katalognummer: -/-
Wertung: 8/10
IAMSAM, Lucian – „wait for me“
Einer meiner Lieblingsneuentdeckungen der letzten paar Wochen kommt, wie schon so oft, mal wieder aus den guten alten Niederlanden – zumindest zur Hälfte. Zwar hat Utrechter Sam „IAMSAM“ de Haas schon länger wunderbares Elektronisches gezaubert, und sich seit 2020 sogar immer mal wieder am DnB probiert, so richtig next level gut wurd’s dann aber erst als er die Trommelbässe dann auch mit Langzeitkollaborator, New Yorker und ehemaligem Indieduomitglied Anthony „Lucian“ Gerbino, in’s Auge fasste. Stimmt schon, ihre vorherigen gemeinsamen kreativen Ergüsse waren bereits vorzüglich – aber diese neuesten Tunes sind einfach wie aus einer anderen Welt! So fährt zum Beispiel „wait for me“, den ich mir für diesen Spotlight rausgesucht hab, mit einer gehörigen Portion lo-fi Vibes, überwältigend großen, zutiefst melancholischen Synthmelodeien, und Ohre massierenden Bässen auf, die einen die Probleme des Alltags direkt vergessen lassen. Hoffentlich kommt da noch ganz, ganz viel mehr von den beiden! (Lennart Hoffmann)
Release: 20.12.2024
Label: -/-
Katalognummer: -/-
Wertung: 9/10