Tom Dune – ”Stay”
Zu allererst ein weiteres Talent aus dem nicht enden wollenden Quell der Freude, dem Bassmusikfass ohne Boden, dem Nährgrund für mehr begnadete Newcomer als ein Strand Sandkörner hat – WeAreHumans. Selbst wenn Hosts Thomas „Tom Finster“ Kuechler und Johannes „barking continues“ Schlump manchmal mehr mit Reitsport oder dem heißen neuen Genre, Glorp, beschäftigt sind, gibt es doch immer wieder auf’s Neue grandiose Bassmusik zu verzehren. Niederländer Tom Zandbergen, der schon als Jungspund unter Multigenre-Alias Zand- bzw. Sandhope sowohl die DJ Szene als auch die Produktionswelt unsicher gemacht hat und seit 2021 nun als Tom Dune alles plattwälzt, ist beispielsweise für so einige extra heftige Demo Einsendungen verantwortlich. Einige davon sind inzwischen, manche allein und manche im Bündnis mit SIMONS oder Floonk, auch schon in die weite Welt entlassen worden, und da sein neuester Streich, „Stay“, mal wieder erste Sahne ist, dachte ich, es wird höchste Zeit Tom hier etwas zu lobhuldigen. Wir gleiten sanft in die gar nicht mal so sandige Welt die uns Herr Düne hier präsentiert, aber es dauert nicht lang, bis die melodischen Plinkplonks die hinter dem wunderbaren Vocalsample vor sich her plätschern, ihre volle, futuristische Wucht entfalten und ehe wir es uns versehen, haut Tom uns auch schon ein synthhaft schönes Feuerwerk aus purem Sounddesign um die Ohren. Und dieser fabelhafte, Trance-eske Breakdown! Einfach klasse. (Lennart Hoffmann)
Release: 14.03.2025
Label: -/-
Katalognummer: -/-
Wertung: 9/10
Autodepth, Hackmorizon – ”Think About It”
Eigentlich bleib ich ja meistens im grob-zentraleuropäischen Bereich mit meiner Auswahl, aber mit diesen beiden treibt’s uns mehr als 10000 Kilometer gen Osten – nach Indonesien! Dort hat Manifest’s Labelhäuptling Aaron „Aarrow“ Simpson nämlich zwei ganz besondere Newcomer für sich entdeckt: Autodepth und Hackmorizon! Ersterer hat mit seinen gerade einmal 21 Jahren bereits fast eine Dekade an selbstgelernter Erfahrung angesammelt und hat dabei nicht nur als Teil von Eeyrith, als Wisnu Prasetya (eine verkürzte Version seines reellen Namens) und seit 2020 eben auch als Autodepth unzählige Future, Progressive und Slap House Banger auf Labels wie CHARGE RCRDS rausgehauen, er hat auch hunderte (!) weitere Artists via Fiverr und co vertont. Ähnlich geht’s auch zweiterem, der auf der Serviceplattform nicht nur DnB, (UK) Dubstep und Bassline anbietet, sondern auch Artworks herbei zaubert, und trotzdem noch die Zeit findet, ein Drittel des Youkai Collectives mit Hierxphant und „dummem Produzent“ 5KiLOBYTE zu sein, und solo erst als Defry Irneldo Syahputra, dann als Animatronics Owl, dann als Hackmon (?), und dann schlussendlich als Hackmorizon Wellen zu schlagen. Selbst nach einigem an Recherche bin ich mir immer noch nicht sicher, ob die Aliasliste so korrekt ist, aber als Hackmorizon gab’s auf jeden Fall DnBanger am Fließband auf Bass Rabbit, HQThree, Youkai Collective, und nun eben auch auf Manifest. „Think About It“ nimmt sich ein bekanntes Vocal, und verpackt es in ein so wunderschön melancholisch, aber auch alles zerfetztendes Gewand, mit hektisch-klatschenden Drums und Sounddesign von einem anderen Stern – einfach super! (Lennart Hoffmann)
Release: 14.02.2025
Label: Manifest
Katalognummer: MANI071
Wertung: 9/10
Sebass – ”m.e.”
Springen wir doch mal in den deutschsprachigen Raum zurück, mit Wien’s neuestem Diamanten im Heuerhaufen, Sebass! Schon seit 2019 gibt sich Sebastian Gisperg, der Haberer hinter dem schmissigen Namen, schon der Kunst des DJens hin, und deckt dabei, zumindest laut Bio, nicht nur die Trommelbässe, sondern auch House, Techno und Bassline ab. Wenn man sich so durch seine DJ Contest Einreichungen durchhört, ist der D und der B aber durchaus die Numero Uno im Gespann, und 2022 gab’s dann auch die erste Eigenproduktion zu verschnabulieren: Heartbeat! Dann aber der Rückschlag: Als Sebastian gerade sein bestes Leben in Australien lebte, wurde er krank. Ach, aber so ’ne Grippe holt man sich selbst bei den 40 Grad im Schatten da. Aus 2 Wochen Pause wurden dann jedoch 4, aus 4 wurden 10 und spätestens als dann nach Monaten (!) immer noch nicht mehr als Bettruhe möglich war, war klar, hier liegt was ganz doll im Argen. Die Diagnose: Myalgische Enzephalomyelitis, auch bekannt als das Chronic Fatigue Syndrome. Oft fehlt sogar die Kraft, um überhaupt aus dem Bett zu kommen, und selbst an guten Tagen hat man als Betroffener oft nur genügend Energie, um im Bett zu sitzen und etwas am Laptop zu werkeln. Genau eben jene Tage hat sich Sebastian in seinem quasi dauerhaft angeschlagenen Zustand zu Nutze gemacht hat. Ich mein, wenn man schon nicht raus kann, und quasi im Studio eingeschlossen ist, warum nicht gleich die Zeit die man so hat in’s Hobby stecken? Rund 18 Monate nach der initialen Erkrankung, gibt’s deshalb nun endlich wieder Grund zum Feiern – Sebastian’s erste EP, „m.e.“, wurde auf die Massen losgelassen! Ob nun die futuristisch wobbelnden Vibes auf „all in my head“, der lateinamerikanisch angehauchte Neurofunkvulkanausbruch „rio de becho“, der wohlig warme Klavierroller „left me speechless“, oder der glitzerfunkelnde Breakbeatrhythmus „forever in your eyes“, der wortwörtliche Bedroom Produzent hat hier echt erste Sahne abgeliefert. Gute Besserung, und wir freuen uns auf die nächsten Tunes! (Lennart Hoffmann)
Release: 06.03.2025
Label: -/-
Katalognummer: -/-
Wertung: 9/10
Matapiro, Moskidzo – ”Loudmouth”
Weil’s da unten so schön ist, bleiben wir doch einfach mal noch ein wenig bei unseren südlichen Nachbarn, und schauen uns den neuesten Banger aus dem Hause Fresh Recordings an! Da haben wir auf der einen Seite den Simon, dessen Bassmusikreise bereits mit 12 und Klassikern von Pendulum und Skrillex begann, und der 2017 durch eine Dubstepverwurschtelung von Modestep’s Higher ebenfalls in die Riege der Produzenten aufstieg. Als Matapiro, gab’s nicht nur weiter feinsten Dubstep und ab und an auch mal Future Bass auf Fresh und DMN, als er 2024 nach einer etwas längeren Auszeit wieder zurück in’s Rampenlicht stolzierte, hatte er auch bisschen Drums und Basses mit am Start! Erstmal arbeitete er sich an Bootlegs von Zeds Dead, Barely Alive und Rihanna ab, aber jetzt gab’s auch die erste Originalrezeptur: Loudmouth! Mit Patrick „Moskidzo“ Moschitz, der seine lyrischen Künste ebenfalls schon seit seinen frühen Teenagerjahren trainiert und dem geneigten DnB Suchti auch durch Kollaborationen mit Drum Dad & Bass Boy oder Nestroy bekannt sein könnte, hat Simon schon länger, leider bisher unerfolgreich, an Tunes gefeilt, aber als er dann mitbekommen hat, dass Patrick inzwischen auch auf DnB Raves MC’d, wusste er genau, welches Instrumental er rüberschicken muss. Mit den wildesten Trompeteneinlagen und wunderbar aggressivem, feinstem Bassgewobbele, der in der zweiten Hälfte komplett eskaliert und sowohl 4×4 Beats als auch Halftime-Rhythmiken durchläuft, war schon ein sehr solides Bangergerüst gelegt, aber zusammen mit Patrick’s extrem hypen Bars, und so’n bisschen auch durch das grandiose Artwork von Souped Up’s Freya Buckland, ist aus Loudmouth ein wahres Highlight der weitläufigen DnB Releaselandschaft geworden. Geil! (Lennart Hoffmann)
Release: 13.03.2025
Label: Fresh Recordings
Katalognummer: FSH029
Wertung: 9.5/10
AkAs – “Couch Potato EP”
Nein, ich versuche kein “Couch Potato” zu sein, sondern kämpfe stets gegen den inneren Schweinehund an! So auch Mr AkAs, der im Februar gleich drei parallele Releases auf LoveThatBass, Riot Dubs und Type G Audio hat. Letzteres ist auch das hier zu besprechende, da es mich förmlich überrollte. Rollers als Begriff und Kategorisierung scheint nach wie vor omnipräsent. Doch sind es die Tunes am Ende wirklich? Bei dieser EP hier gab es für mich keinen Zweifel. Die rollen wie Harzer Roller den Brocken runter! Der Titeltrack macht’s zum Einstieg vor und rollt in feinster Bristol-Manier mit leichter Acid-Bassline im Rücken. Mehr braucht es doch nicht, oder? Es folgt „Murder Tonight“ feat. Georgia Phoenix: mit bratzenderem Beat und durch die „Murder Tonight“-Shouts etwas mehr auf Ragga-eskerem Vibe, rollt es dennoch zweifellos weiter zu Track 3. „Bit Murky“ ist etwas techiger, hier treffen klassische, Oldskool-anmutende Basslines auf das rollende Drumming. Vielleicht etwas zu simpel, aber dennoch rollend. Zum Abschluss stimmt euch die EP auf „Hard Times“ ein. Der ist ähnlich wie Track 2 etwas straffer im Drumming; die Oldskool-Vibes kommen hier mit Rave-Piano bzw. Melo reingehübscht. Eine EP, die das Prädikat „rollend“ mehr verkörpert, als 90% der Releases da draußen, die man gemeinhin unter Rollers subsumiert. Genial auch das Cover, welches aussieht wie ein Minion nach der Sonnenbank und nach der gesetzlichen Legalisierung von Cannabis-Konsum. (Mtrc)
Release: 01.02.2025
Label: Type G Audio
Katalognummer: TGA026
Wertung: 8/10
Various Artists – “Remixed”
Remix-Releases kommen einem dieser Tage vergleichsweise häufig unter die Finger. Doch diese VA hier läuft ein bisschen unter dem Radar, da bin ich mir ziemlich sicher. Das ist schade, denn sie gehört zu den Compilations, die man bei ausdauerndem und genauerem Hinhören als immer stärker empfindet. Tatsächlich mutet es zunächst ungewöhnlich an, dass sich ein Belgisches Label auf die tiefere und dunklere Seite der Bass Music geschlagen hat.
Doch schon beim Anschauen der Tracklist ergeht die Feststellung, dass hier einige Werke reinterpretiert wurden, deren Urheber zur Speerspitze des Rollers bzw. Deep/Techstep-Subgenres zählen. Apropos zählen. Hiermit zähle ich meine beiden Favoriten auf und das sind jeweils Remixe von „Skinzano – The Devil“. Da ist zum einen der Farflow Remix: – im Intro wunderbar klösterlich-gregorianisch anmutend, reitet er vor dem Drop noch kurz durch den Jungle, um nach 1:30 alles kaputt zu scherbeln, obwohl der Track danach nur noch 2min auf der Uhr hat. Der Teufel hat’s halt nicht so mit dem Zeit lassen. Zum anderen der Remix von Lavance, ähnlich kurz, doch etwas trippiger und mit mehr Sägezahn versehen. Die zwei Teile sind meine Favs des gesamten Releases! Doch natürlich gibt’s überreichlich weiteres qualitatives Material, u.a. Remixe für Hystatus, Xonder & Freddy B (den durch die Emperor Remix-Competition nun endgültig alle auf’m Zettel haben sollten) sowie Kidsonic, der einmal geremixed wird und sich einmal selbst ran an den Speck begeben hat. Ebenfalls kein ganz neuer Umstand ist, dass sich ein paar Dubstep-Nummern auf ein solches Release schleichen. Hier tatsächlich ein Paar, denn es sind derer genau zwei (deepere Nummern). Der eine kommt von meinem best Buddy und Dresdner Mitbürger Scurrow. Er nahm sich „Grappling“ von Mariana vor und zieht dem Track ein Drumming-Gewand an, welches deutlich mehr Punch hat, als das Original. Der andere ist der Biased Remix von Xonders „Dark Alleyways“ – hier sind wir wieder bei der Vokabal „trippy“, von mir aus auch trappy bzw. erinnert auch bisschen an das Riddim-Subgenre. Die Bassline wabert jedenfalls prima vor sich hin. Falls ich’s noch nicht in der Klarheit erwähnt haben sollte: richtig qualitative Compilation, für die man sich Zeit nehmen sollte. Sie reift beim Hören wie ein guter Wein (und das sage ich als Biertrinker). (Mtrc)
Release: 12.02.2025
Label: Abyssal Music
Katalognummer: ABY016VA
Wertung: 8/10