Aleksey Strokov, international bekannt als Tobax, ist ein junger, hochkarätiger Drum & Bass-DJ und Produzent. Seine Veröffentlichungen bekommen Support von A-Liga-Artists wie Jade, Noisia und Black Sun Empire. Nachdem Aleksey seine Drum & Bass-Karriere im Sommer 2010 unter dem Namen „Electronic Star“ begonnen hatte, entschied er sich später in diesem Jahr für den Namen Tobax.
2011 begann die Karriere von Tobax, ernst zu werden, als er anfing seine Musik auf einer Reihe kleinerer Labels zu veröffentlichen. 2013 veröffentlichte Tobax bereits erfolgreich Tracks bei Fokuz und Citrus Recordings. Im Jahre 2015 erschienen Produktionen auf AMCs Titan Records und diese stellten für ihn den Startschuss für internationale Bookings dar. Es folgten Collaborations mit Disprove, Malux und Current Value. Im Jahr 2017 trat Tobax auch in verstärkt in Europa auf (u.a. Let It Roll). 2018 dann wurde er auf Eatbrain, Bad Taste und schließlich Cause 4 Concern gesigned. Man kann also mit Recht sagen, dass Tobax kein Unbekannter ist. Der 26-jährige beschäftigt sich bereits seit neun Jahren mit Drum & Bass und hat zugestimmt uns ein Interview zu geben.
Baesse.de: Hallo Alexej! Ein großes Dankeschön an an dieser Stelle an dich für die Zeit, die du dir für das Interview genommen hast. Du bist derzeit einer der populärsten russischen Drum & Bass Künstler. Deine innovativen und mächtigen Tracks hört man überall auf der Welt und sie werden von Top-DJs auf den größten Drum & Bass Festivals gespielt. Erzähl uns doch ein wenig von dir und deiner Person. Und was hast du vor Drum & Bass gemacht?
Tobax: Ich erinnere mich kaum an die Zeit vor Drum & Bass, da es mich bereits als Schüler mitgerissen hat. Zu dem Zeitpunkt habe ich angefangen, meine eigenen Tracks zu produzieren und habe bereits im Alter von 17 Jahren meine ersten Bookings bekommen und bin anschließend durch Russland gereist.
Baesse.de: Was hat dich beinflusst Drum & Bass zu produzieren?
Tobax: Also eigentlich war es schlichtweg der Wunsch, etwas Eigenständiges zu kreieren – so entdeckte ich die Musik für mich.
Baesse.de: Beschreibe bitte wie du zu deinem einzigartigen Klang kommst. Was ist deine persönliche Note?
Tobax: Leider habe ich bisher nicht genau das Rezept gefunden, um gute Tracks zu erschaffen. Deshalb verlasse ich mich nur auf meinen Geschmack und meine Intuition, wenn ich an neuen Kompositionen arbeite.
Baesse.de: Als du angefangen hast, Drum & Bass zu produzieren, hast du da alle Releases und Bookings selbst organisiert? Oder hat dir dabei jemand geholfen?
Tobax: Ja, ich habe alles selbst gemacht, das war nicht so schwierig. Ich kann ohne Bedenken behaupten, dass ich in dem Alter schon in der Lage war das zu bewältigen.
Baesse.de: Hast du einen exklusiven Labelvertrag? Oder arbeitest du mit der freien Entscheidung darüber wo und wann dein Release stattfindet?
Tobax: Ich habe keinen Exklusivvertrag und möchte generell darauf hinweisen, dass sich dieser Trend insgesamt etwas verloren hat. Zumindest wenn man von Drum & Bass im Jahre 2020 spricht. Derzeit ziehen es Labels zunehmend vor, einen Vertrag mit dem Künstler nur für einen Release oder für ein paar Releases abzuschließen. Was mich betrifft, ich kann jetzt gelassen das Label auswählen mit dem ich zusammenarbeiten möchte. Und wenn mein Vorhaben mit dem des Labels übereinstimmt, dann planen wir eine Veröffentlichung.
Baesse.de: Welche Technik steht in deinem Studio und wo befindet es sich? Mit welcher DAW arbeitest du? Was ist dein Lieblings-Plugin? Möchtest du mal ein Sample Pack erstellen?
Tobax: Ich arbeite bei mir zu Hause und kann mich nicht mit einer speziellen Studioausrüstung rühmen. Sie besteht aus einem Laptop mit einem Intel i7 Prozessor, Monitorboxen von JBL, einer Soundkarte von Steinberg, Studiokopfhörern von AKG und Sennheiser und FL Studio. Für mich gibt es vielzählige Lieblings-Plugins, aber zur Zeit ist es Echo Boy von Sound Toys. Bezüglich eines eigenen Sample Packs, habe ich bisher keine Ideen entwickelt.
Baesse.de: Deine neueste Veröffentlichung ist ein Remix von Highsociety (“Fireproof”), der in wenigen Tagen Tausende von Plays erhalten hat. Kürzlich erschien dein energiegeladener Track „Seized Moment“ (feat. Helo) auf der Eatbrain Best Of 2019 Compilation (eine Ehre!). Erzähl uns doch bitte was hinter deinen letzten Releases steht, beispielsweise, wie es dir gelungen so viel Drive in den Remix zu bekommen?
Tobax: Wie ich bereits oben sagte – ich mache nur meine Arbeit und weiß nie zu hundert Prozent, ob es die Leute mögen werden. Aber wenn ich solche Reaktionen darauf sehe, freue ich mich natürlich sehr darüber.
Baesse.de: Du lebst jetzt in Samara, Russland, aber du reist in ganz Europa herum. Wie organisierst du deinen Zeitplan?
Tobax: Es ist einfach, da es mein Job ist. Ich strukturiere und plane jeden Schritt nach einem minutiösen Zeitplan. Es beginnt schon bei der Bestellung eines Taxis von zu Hause zum Flughafen bis hin zu den Routineverfahren vor dem Flug am Flughafen.
Baesse.de: Ich weiß, dass du verheiratet bist und eine schöne (und musikalische) Tochter hast. Wie vereinbarst du deine Familie und deine Arbeit? Bringst du deine Tochter eines Tages mit auf eine Party?
Tobax: Mein persönliches Geheimnis und meine Lebensbalance liegen darin, dass ich das Familienleben mit dem Leben eines Künstlers in Einklang bringe. Zuhause bin ich ein verantwortungsbewusster Vater und Ehemann, der sich voll und ganz darauf konzentriert seine Lieben zu umsorgen, im Studio zu arbeiten und sich mit Freunden aus Kindheitstagen zu treffen. Wenn ich auf Tournee gehe, bin ich eine andere Person, nämlich die, die Leute sehen und hören möchten. Und weißt du was? Damit bin ich voll und ganz zufrieden. Manchmal sind diese beiden Leben nicht miteinander vereinbar, und da mir beide Leben gleich lieb sind, habe ich nichts Besseres für mich gefunden, als sie streng in ein bestimmtes Yin-Yang zu unterteilen. Meine Tochter liebt Drum and Bass und eines Tages wird sie natürlich ihren Vater live bei der Arbeit erleben.
Baesse.de: Was hat dich inspiriert und inspiriert dich jetzt noch?
Tobax: Inspiriert hat mich schon immer energetische Musik und das Science Fiction Universum. Im Übrigen, wenn man sich in diese zwei Konzepte hineindenkt, dann erhält man das Wesentliche des Drum & Bass – eine energetische Science Fiction Musik. Reisen ist leider nicht immer lustig und aufregend, sehr oft ist es mit anstrengenden Flügen verbunden, mit vielen Transfer Flügen, zu wenig Zeit zum Entspannen, und leider ist es bei Weitem nicht immer möglich, die Besonderheit und Schönheit der Orte, in denen ich lande, kennen zulernen. Aber in den meisten Fällen bieten Reisen definitiv eine Menge lebenswichtiger Emotionen und Wissen über das Weltgeschehen, was einen zu einem intelligenteren und glücklicheren Menschen macht.
Baesse.de: Was machst du außerhalb von Drum & Bass?
Tobax: Manchmal veranstalte ich Drum & Bass Partys in meiner Stadt, ich mache Plakatdesign, Artwork und Motion Designs. Sehr oft erstelle ich Grafik-Design-Packs für meine Releases. Vor ein paar Jahren habe ich mich in der Fotografie versucht, aber nach einiger Zeit verlor ich das Interesse daran.
Baesse.de: Meiner Meinung nach hast du, aufgrund deiner außergewöhnlichen Präsenz auf europäischen Bühnen, stetig die musikalische Szene mitgeformt. Wenn man in Europa spielen möchte, ist man oft gezwungen mit Hindernissen, wie die Beantragung eines Visums u.a., zu kämpfen. Wie gelingt es dir diese zu überwinden?
Tobax: Im Allgemeinen ist das nicht so schwierig. Einmal im Jahr muss ich 60 Euro und fünf Arbeitstage investieren, um die Erlaubnis zu erhalten, im Laufe des Jahres Aktivitäten im Gebiet der Europäischen Union durchzuführen. Als separaten Fall würde ich wahrscheinlich den britischen Visumantrag behandeln, aber das ist eine recht langweilige, ziemlich langwierige und komplizierte Geschichte.
Baesse.de: Gibt es für dich einen Unterschied zwischen der russischen und der europäischen Drum & Bass Szene? Was wünschst du der Szene für die Zukunft?
Tobax: Hm. Die russische Drum & Bass-Szene, das ist keine leichte Frage. Vor ungefähr zehn Jahren boomte Drum & Bass in Russland, wir hatten viele Festivals und Raves im ganzen Land. Beispielsweise in meiner 1000 km von Moskau entfernten Stadt, haben Drum & Bass-Festivals, wie Pirate Station und Therapy Session, es geschafft Sportplätze zu füllen und hatten eine riesige Fangemeinde. Jetzt sind große Drum & Bass-Raves nur noch in Moskau, St. Petersburg und Jekaterinburg anzutreffen, in den übrigen Städten lebt Drum & Bass nur noch auf der Ebene von Clubpartys mit 150 bis 300 Besuchern. Die europäische Szene zeichnet sich durch das Wachstum und den Generationenwechsel aus, welche in unsere Kultur mit einfließen. Im Gegensatz dazu erlebt unser Land einen neuen Aufschwung – den Aufschwung heimischer Drum & Bass-Namen und -Talente, wie zum Beispiel Teddy Killerz, Receptor, Enei, Gydra, Mizo, Gancher & Ruin, Synergy, Razlom, Chaser und viele andere. Diese Musiker haben ihre Kompetenz in Russland bereits voll und ganz unter Beweis gestellt und die Nachfrage ist auch zunehmend außerhalb Russlands da. Diese Tendenz hat sich bereits einen Namen gemacht – „Russian Drum & Bass“, was bedeutet, dass die Tracks besonders klingen, wie man es mir in Europa schon mehrmals erklärt hat. Und ich denke, dass durch diesen Trend ein Anfang gemacht wurde, der unter anderem zu einer großen Wiederbelebung von Drum & Bass in Russland beitragen wird.
Baesse.de: Was war für dich ein besonderer Moment im Jahr 2019?
Tobax: Das ganze Jahr war nicht einfach, es bestand aus Erfolgen und Misserfolgen, aber insgesamt war es ein wundervolles Jahr, welches mir kreatives Wachstum einbrachte und viele Tracks, von denen ich denke, dass sie für meine Karriere entscheidend waren. Insbesondere die Tracks “Seized Moment” und “Blur Effect”. Außerdem habe ich im Laufe des Jahres etwa 30 Shows in Russland und Europa gespielt.
Baesse.de: Unlängst ist Optiv leider verstorben, du warst einer der Ersten, der einen rührenden Nachruf verfasste und in diesem auch die Solidarität innerhalb der Szene anmerkte. Hast du die Szene schon immer als so solidarisch wahrgenommen? Wenn nein, wann trat das Gefühl Teil einer verbündeten Gemeinschaft zu sein?
Tobax: Leider kommt es im Leben vor, dass Trauer Menschen und Gruppen von Menschen vereint. Genau dies geschah mit dem jüngst unerwarteten und tragischen Abgang, meines Kollegen und einem der Pioniere der Drum & Bass-Szene, von Edward Optiv. Unter uns Kollegen haben wir bereits unser Bedauern und Gedanken ausgetauscht darüber, dass wir im Rahmen unserer Drum & Bass-Kultur freundlicher, solidarischer und wertschätzender sein sollten, bevor es zu spät ist. Musik sollte nicht die Sphäre sein in der es Platz gibt für Wettbewerb, Neid, Missachtung der Arbeit des anderen oder Ignoranz gegenüber gemeinsamen Problemen. Überlassen wir sowas gleichgültigeren und dümmeren Leuten – unseren Politikern… (sic)
Baesse.de: Was würdest du gerne in der Drum & Bass-Community verbessern?
Tobax: Ich möchte nichts verbessern! Für mich ist Drum & Bass in allem perfekt! Es ist ein großartiges, nicht kommerzielles Musikgenre, das die Bedürfnisse jeder Person mit allen musikalischen Vorlieben abdecken kann. Es ist vielseitig und geheimnisvoll genug, um das Interesse in neuen Hörern zu wecken. Jeder Künstler, Promoter, Labelinhaber tut alles dafür, um dieses Genre aufrechtzuerhalten, oft sogar zu seinem eigenen Nachteil. Menschen mit falschen Zielen verweilen hier nicht sehr lange.
Baesse.de: Kannst du schon etwas über deine zukünftigen Veröffentlichungen erzählen? Auf welche Veranstaltung freust du dich schon in diesem Jahr?
Tobax: Momentan beende ich die Arbeit an meiner neuen EP für Eatbrain und freue mich natürlich sehr auf mein Set auf dem Let It Roll 2020.
Baesse.de: Was kann man in diesem – noch jungen – Jahrzehnt von dir erwarten? Was sind deine Pläne?
Tobax: Es gibt viele Pläne, aber es gibt zwei Hauptziele – meiner Tochter das Maximum an Zeit zu widmen und mein Tobax-Projekt weiter zu entwickeln.
Baesse.de: Gibt es irgendetwas, was du unseren Lesern mitteilen möchtest?
Tobax: Ich möchte allen ein herzlichen Gruß übermitteln, gute Laune und ans Herz legen den russischen Drum & Bass besser kennenzulernen, wenn ihr das noch nicht gemacht habt.
Baesse.de: Vielen Dank für dieses Interview!
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