Jabba – „No Sleep“
Der Jabba, der hat sich aber sowas von mal eine ausführliche Erwähnung hier verdient! Immerhin treibt der Heilbronner schon seit 2015 in der Szene sein Unwesen und hatte 2017 zusammen mit BNR und Julez sogar auch sein eigenes Label, Subminded Records, gegründet, auf dem nicht nur die Jump Up Eskapaden der Gründer zelebriert wurden, sondern auch Artists wie Dub FX, Noizesplitter und Skruff ein Zuhause fanden. Zwar ist damit seit 2018 auch schon wieder Schluss, aber das hat dem Jabba Projekt keinen Abbruch getan, im Gegenteil! Vom Jump Up hat er den Sprung rüber ins super technische, einzigartige Gefilde des „Techy“ DnB geschafft, was ihn ab 2020 rum dann Releases auf RAM, sowohl Prog- als auch Haupt-, Delta 9 und NËU verschaffte. In letzter Zeit wurde es etwas ruhiger um das Projekt – bis er dann Ende 2023 mit einem extra fetten Remix die Tür wieder eintrat! Das war aber noch längst nicht alles, er hat auch noch einen ganzen Batzen Tunes in Petto und da mit „No Sleep“ nun die erste Katze aus dem Dub-Sack ist, dachte ich mir, gucken wir uns das Ganze doch mal genauer an. Wie auch nicht anders erwartet, ist das Ding natürlich erste Sahne. Knisternde Audioartefakte, Sprachnachricht Sample und allerlei anderer großartiger atmosphärischer Schmankerl erzeugen eine schlicht wunderbare Lo-fi Melancholie, die von den auf schwingenden Rhythmen umherstolzierenden, pointiert verzerrten Synthattacken perfekt komplettiert wird. Grandios! (Lennart Hoffmann)
Release: 05.01.2024
Label: Selfreleased
Katalognummer: JAB001
Wertung: 9.5/10
Infinitemusic10 – „Declined EP“
Machen wir ausnahmsweise mal einen Sprung weg von meiner üblichen Niederdeutschland Bubble: Diesmal geht’s nach Georgien! Dort ist nämlich der 16-jährige Producer-Slash-DJ Alexander Dadiani, auch bekannt als Infinitemusic10, ansässig. Schon seit er 2021, dementsprechend damals als 14-jähriger (!), angefangen hat, seine Kreationen online zu stellen, hat er so einiges an Genres und Styles durchprobiert, aber hat doch immer wieder den Weg zurück zum DnB gefunden. Angespornt vom IMANU Patreon Discord, woher ich ihn auch übrigens überhaupt kenne, hat er in den letzten Jahren unermüdlich an seinen Skillz gearbeitet, und mit seiner neuesten „Declined“ EP zeigt er auf 8 ganzen Tracks was seine Palette inzwischen so zu bieten hat. Da gibt’s riesige Syntherdbeben auf „Force“, Progressionen, die sich sehen lassen können, auf „Declined“, allerlei wilde Trommeleien und Verzerrungen auf „Evolution“, außerirdisch gute Atmosphäre auf „Dystopia“, rollend-klackende Vibes auf „Double Vision“, und einige Halftime-Exkursionen auf dem dahindriftenden „Send“, dem aggressiv klingelnden „Lost“ und abgehackt-breakigen Finale „Take“. Richtig cooles Zeug! (Lennart Hoffmann)
Release: 29.12.2023
Label: Selfreleased
Katalognummer: -/-
Wertung: 8.5/10
DANEY – „Fractured / S.O.P“
Keine Sorge, es geht auch schon wieder direkt zurück zu den deutschen Nachbarländern. Tirol, um genau zu sein! Gefühlt die Gegend mit den meisten neuen Talenten. Könnte aber auch einfach an der exzellenten Arbeit vom Empathy Audio Team liegen! Einer der neuen Namen, die die Truppe in letzter Zeit so aufgegabelt haben, ist Daniel Gabl, auch bekannt als DANEY. Ihn gibt’s zwar theoretisch schon länger in der Szene, als ehemaliger Teil von Default Noise, früher auch unter dem Namen Tropical Minds unterwegs, aber der Solo-Act DANEY ist noch recht frisch. Ende 2022, Anfang 2023 ging’s dann mit den ersten Releases los. Mal selbst released, mal über Empathy, mal volle Kanne Deep, mal etwas sanfteres Liquid. Und dieses Mal? Nun, „Fractured“ ist schon mal so ein Brett, dass einem schon mal das Gesicht spontan in’s Bassface eingleist. Und die B-Side, „S.O.P.“? Der Titel, der übrigens für „Smash Or Pass“ steht, ist vergleichsweise vielleicht nicht ganz so offensichtlich in-die-Fresse, aber die Bässe wummern trotzdem ebenfalls ziemlich heftigst, nur vielleicht mit etwas weniger Bulldozer Energie und mehr Oldschool-Charme. Mit anderen Worten haben wir hier wieder zwei klasse Banger der deepsten Güte! (Lennart Hoffmann)
Release: 12.01.2024
Label: Empathy Audio
Katalognummer: EMP 011
Wertung: 9/10
Tom Finster – „The Hole“
Und wir sind am Ende doch wieder Zuhause angekommen. Wie ich inzwischen schon oft genug hier betont habe, gibt’s in Leipzig ja so einiges an neuen Talenten. Andersherum gibt’s aber auch viele extremst gute etablierte Künstler und unter ihnen gibt es einen, dem meiner Meinung nach keiner das Regenwasser reichen kann: Tom Finster. Zuerst solo, aber später dann vor allem als eine Hälfte von Donkong hat er nicht nur schon die halbe deutsche Rapszene vertont, von Casper bis Deichkind, sondern auch die gesamte Bassmusik Szene unsicher gemacht. 2017 wollte er es dann aber auch noch mal solo wissen, und hat sich kurzerhand das mysteriöse Tom Finster Projekt aufgebaut. Was als Selfrelease Abenteuer begann, führte ihn in kürzester Zeit zu NËU, Upscale, VALE und DIVIDID, und dank seiner Remixe für Camo & Krooked & Mefjus und Apashe auch auf Hospital und Kannibalen. Sein 2021 Album „Year Of I“ ist immer noch eins meiner absoluten Lieblingsalben. Dazu kommt noch, dass er mit seinem Donkong Partner barking continues seit einer ganzen Weile schon regelmäßige Feedbackstreams unter dem „We Are Humans“ Banner betreibt, was bereits unzählige hochkarätige Produzenten hervorgebracht hat, wovon einige auch schon hier erwähnt worden! Aber zurück zur eigenen Musik. Nach Jahren von wirklich außergewöhnlich fabelhaftem, unironisch künstlerisch wertvollen Output, ist nun (endlich) UKF auf ihn aufmerksam geworden und hat prompt einen ganzen Haufen Tracks für ihr Label Pilot gesigned. Ich kann mir kaum ein besseren Ort für seine Kunst vorstellen. „The Hole“ ist die erste Auskopplung von eben jener bisher unbenannten Pilot EP und ich bin jetzt schon einfach nur hin und weg. So viel verspielte Detailverliebtheit, so viel Emotion in Tom’s Gesang, solch heftig reinhauende, einzigartige Drums, so ein wummernder Bass, so ein explosiver zweiter Drop, und, vor allem, so ein atemberaubendes Outro. Einer der besten Tracks, den das Jahr zu bieten haben wird. Ich weiß, das Jahr hat gerade erst begonnen, aber ein Meisterwerk wie dieses wird auch in 12 Monaten noch Gänsehaut in mir auslösen. Liebe. (Lennart Hoffmann)
Release: 05.01.2024
Label: Pilot.
Katalognummer: PILOTEP016A
Wertung: 10/10
Ed Rush – “Body Back”
Ich persönlich glaube ja, dass es die meisten Urgesteine schwer haben, mit dem Fortschreiten des Productionlevels Schritt zu halten. Neben der rasanten technischen Entwicklung haben sie schließlich noch ein Erbe zu verwalten und möchten das möglichst kredibel tun. Und dann kommt plötzlich Ed Rush umme Ecke und serviert uns mit “Body Back” einen Track, welcher dermaßen on point ist, dass man geneigt ist, die eigentliche Legacy um seine Schaffenskraft zusammen mit Optical bzw. No U Turn und den damit verbundenen Reese-Bässen auszublenden. Auf der anderen Seite ist es doch ein gutes Zeichen, dass man mit Drum and Bass alt werden und mit einer 1-Track-Single immer noch alles killen kann. Nach dem Intro, der so ein bisschen die alte Zeit aufblitzen lässt, adaptiert Ben den derzeit ominpräsenten 4/4-Vibe für 16 Bars, um danach alle Register seines Screwdrivers zu ziehen. Der Track entpuppt sich als schnittiges Rotorblatt mit dezent wabernden “Body Back”-Repetitiven und hält die Energie bis zum letzten Atemzug. Ed, du trägst den Rausch im Namen. Ich rausche mit dir! (Metric)
Release: 01.12.2023
Label: Blackout Music NL
Katalognummer: BLCKTNL156
Wertung: 10/10
Untrue – “Untrue EP”
Ich bin im Dezember des abgelaufenen Jahres dermaßen viele Tracks durchgegangen – da mussten einfach ein paar Artists hängen bleiben, die aus der hohen Quantität herausstechen und deshalb auch in der Interaktion mit befreundeten DJ-Kollegen besondere Erwähnung bekamen. Dazu gehört Danila Untrue aus Moskau, der nach Veröffentlichungen für Skankandbass, Grid oder Love For Low Frequencies inzwischen auf The Sauce Recordings gelandet ist. Folgerichtig benannte „Untrue EP“ ist über jeden Zweifel erhaben. Sofa Sound hätte vielleicht noch gepasst und dann ist auch schon Ebbe im Pool aus Bristol. Will sagen: passender könnte das Fahrwasser nicht sein. Zugegeben: man vermutet bei den oberclean-rollenden Sounds zunächst nun wahrlich keinen Non-UK´ler und doch gilt auch hier wieder: Nachahmung ist die aufrichtigste Form der Anerkennung! Der Opener „One More Tune“ ist so simpel wie effektiv: träumerische Akkorde auf rollenden Drums, dazu ein paar Ghettobars und den Bass an der richtigen Stelle, der in ebenfalls rollender Manier an die Arbeiten von Break erinnert. Mit „Bite The Bullet“ folgt der für mich stärkste Track des Releases, welcher gleichzeitig eine innerrussische Kollaboration mit Cutworx und Alien Perfect ist. Die drei haben eine wahnsinnig catchige Melo gefunden, so dass die bereits benannten Parameter um Bass und Drums hier nur noch wie Formsache wirken. „CDO“ knüpft nahtlos an und mutet durch mehr Delay in der hier gefundenen Melo etwas entrückter und dadurch deeper an. Den Abschluss bildet mit „Grumpy“ ein hektischerer Track, der zusammen mit Yatuza entstand, nach meinem Dafürhalten aber nicht so viel Tiefgang wie der Rest enthält. Gelungener Einstand für The Sauce Recordings. Das schmeckt mir! (Metric)
Release: 21.12.2023
Label: The Sauce Recordings
Katalognummer: TSR021
Wertung: 9/10
Cuvurs – “Berlin”
Cuvurs ist ein weiterer Name, der im Dezember hängen geblieben ist. Ihn assoziierte ich vorher sehr stark mit overdriven Belgian JumpUp mit vielen hohen Tönen und Screeches. Diese Sound-Sozialisation ist auf der „Berlin EP“ für das von Brockie & Ed Solo betriebene Schwesterlabel Octave Recordings zwar immer noch zu hören, doch gehen seine Arbeiten
verstärkt weg vom reinen Toolcharakter und der vormaligen Austauschbarkeit. Insgesamt kann man die vier Tracks unter JumpUp subsumieren und doch gibt es einige klangliche Unterschiede. Titeltrack „Berlin“ steppt minimal, wallt zwischendurch immer mal auf und wirkt durch viele kurz eingestreute, teils schräge Sounds, ziemlich bizarr. Clever arrangiert, das Teil! „Loose“ und „Siren“ sind dagegen eher klassischer JumpUp, glücklicherweise statt mit zu vielen high Tones mit angenehm genügend Subbass ausgestattet. „I Feel You“ ist der Snapper im Quartett, ziemlich gully und psychotisch. Mein Gefühl sagt mir, Cuvurs hat noch einiges im Köcher. Bin gespannt, in welche entlegenen Klangefilde es ihn noch hintreibt. (Metric)
Release: 08.12.2013
Label: Octave Recordings
Katalognummer: OCT045
Wertung: 8/10