Sinister Souls – “Everything Hertz LP”
More album business! Sinister Souls ist als niederländisches Duo bekannt geworden und scheint nun auch eines der vielen Fälle zu sein, wo eine Einzelperson ein Projekt weiterführt. Dem Guss dieses Albums tut das zum Glück keinen Abbruch. Wer die Releases auf PRSPCT verfolgt, muss feststellen, dass die Holländer auf ihre Art und Weise vielseitig veröffentlichen: von Oldskool Hardcore / Jungle über Crossbreed bis hin zu Breakcore und Hardcore mit Industrial-Einflüssen ist da ne echte Bandbreite vorhanden. Im Vergleich zum Restprogramm des Labels ist dieser Longplayer hier schon fast als gut verdaulich einzuordnen. Und dass obwohl es sich eher um ein Hard-DnB-Album klassischer Natur handelt. Es bratzt, pumpt und bolzt auf dem Release, was die Membranen aushalten. Genau das finde ich reizvoll: straighter, schnörkel- und kompromissloser DnB, direkt auf die Zwölf und gut betanzbar. Ich persönlich finde die ersten drei Tracks am stärksten. Da ist zum einen der Opener und gleichzeitig Titeltrack „Everything Hertz“ feat. OA – noch nie von ihr gehört. Dann das rotzige „Razor Back“, was mich an ältere Killer Industries-Tracks erinnert. Es folgt „Electro Magnetic“ (feat. The Clamps). Wo immer The Clamps seine Finger im Spiel hat, lohnt sich genaues Hinhören. Immer noch extrem talentierter Typ, der übrigens auch in interessante Projekte wie z.B. Burr Oak und Forum involviert ist. Im Restprogramm finden sich neben Solo-Granaten noch weitere Kollaborationen mit Freqax, Mathizm und Hallucinator – bei letzterem ist wirklich komplett Carnage angesagt. Und ganz zum Schluss kriegen wir mit „The Cost Of Lies“ dann auch noch einmal 123 BPM-Techno um die Lauscher gelaffelt. Hauptsache, es drischt! (Metric)
Release: 24.06.2022
Label: PRSPCT Records
Katalognummer: PRSPCT279
Wertung: 8/10
HØST – „Have And Have Nots“
HØST mit dem seltsam gestrichenen „o“ ist kein Unbekannter, wenngleich er bislang noch nicht unbedingt für die vorderste Labelfront releast hat. Dennoch habe ich ihn hinsichtlich seiner Drum´n´Bass-Produktionen noch nie so stark erlebt, wie auf dieser EP hier. Liegt vielleicht auch daran, dass er vorher eher mit Sound experimentiert hat und hauptsächlich im Bass Music / Halfstep-Bereich unterwegs war. Nun also eine vergleichsweise straighte EP auf dem Label Unchained, welches eine ambitionierte Hong Kong – China – Australien –UK-Connection repräsentiert. Und wieder einmal bereitet es mir Freude, von einer EP sprechen zu dürfen, auf der jeder einzelne Track einen anderen Approach hat. Der Einstieg mit „Dare To Dream“ (feat. Phoebe Freya) ist sicherlich bewusst gewählt, um in Stimmung zu kommen. Eine fließende Nummer mit Vocals, die zum Glück eher unaufdringlich sind. Und auch der zweite Track „Nightlife“ (feat. Taurri.) enthält Vocals, wenn auch maskulin und als Sprechgesang. Trotzdem ist der Track auch musikalisch schon einen Ticken stärker, denn die Vocals werden so effektiert, dass sie an manchen Stellen dem Klang eines Synths gleichkommen. Meine beiden Favoriten sind jedoch die Tracks drei und vier. Der Titeltrack „Have & Have Nots“ ist ein slammender Screwdriver, zieht die Schlinge immer enger und beginnt diese Masche wieder von neuem. Großartig! Ebenso der Abschluss „Say You Love Me“, was nach Liquid klingt, tatsächlich aber ein Bassmonster darstellt. Der Track hört sich ein bisschen nach Bass Music auf DnB-Tempo an und ich muss gestehen, dass ich den Halfstep (wie manchmal in Drop 1 oder 2 eines Tracks) hier tatsächlich nicht vermisse. Let HØST be your host. It´s worth it! (Metric)
Release: 17.06.2022
Label: Unchained Recordings
Katalognummer: UNCH034D
Wertung: 8/10
Dima Pulsar – „Algorithm / Methane“
Wenn ich „russische Labels“ sage, denken sicherlich viele von euch direkt an das legendäre Neuropunk Records, das Label von Gydra und den Teddy Killerz. Darum soll’s heute aber nicht gehen, heute geht’s um ein Label was meiner Meinung nach aber ebenfalls einen riesen Haufen Aufmerksamkeit verdient hat: Ignescent! Deren neuester Exportschlager straight outta Moskau ist ein doppelseitiger Banger vom vielseitigen Talent Dmitry Dadushin aka „Dima Pulsar“. Unter seinen diversen Aliasen, beispielsweise „Green Vibes“ zusammen mit Zaikin Igor Borisovich, „Cynematic“ mit Vladimir Vorobyev oder ganz einfach nur „Pulsar“, hat er nun schon so einige unterschiedliche Facetten von sich gezeigt, die ihn zu Releases auf allerlei großen Labels geführt haben, von RAM zu Viper. Typisch für das Label, gibt’s auf diesem Release für Ignescent diesmal allerdings vor allem eins: Abgedrehten Neuro! Während „Algorithm“ sich mit seiner Hochgeschwindigkeits-Atmosphäre direkt in meine Autobahn Playlist eingenistet hat, stimmt „Metan“ etwas steppigere, aber nicht minder ausgezeichnet produzierte, Töne an. Richtig richtig gut. (Lennart Hoffmann)
Release: 08.07.2022
Label: Ignescent
Katalognummer: IGNESCENT020
Wertung: 9/10
Nuvertal – „Real Murder EP“
Wo wir gerade bei Neuro aus Russland sind: Nuvertal, alter! Klar, er is auch schon seit Ewigkeiten im DnB biz tätig, ob nun vor knapp einer Dekade noch als „Sapphire“, oder seit 2016 dann als Nuvertal. Aber seit gut zwei Jahren haut der einfach so unendlich abgefahrene Tracks raus, das is schon nicht mehr normal. Egal ob er nun seinen techigen Liquid Sound auf Fokuz präsentiert oder eher die härtere Schiene auf ProgRAM oder Neuropunk fährt, ich feier’s echt immer in letzter Zeit. Die Krönung des Ganzen ist nun seine neueste Solo EP auf Eatbrain, „Real Murder“. Als ich den absolut alles-zerstörenden Titeltrack das erste Mal gehört hatte, wusste ich zwar schon, dass das eine großartige EP wird, aber ich war trotzdem durchgängig geflasht. „Comeback“ mit Gydra, quasi eine Fortführung von „Meditation“, ist eine richtig gut gelungene Kombination der Stile beider Artists, „Take Em“ hat nicht nur eine „instant classic“ Horrormelodie am Start, sondern ist auch sonst ein Ohrenschmaus und zu guter Letzt gibt’s noch mal eine gehörige Ladung Vibes auf „Show Me Love“. Einer der besten EPs dieses Jahres, vor allem für Freunde des Neurofunks. (Lennart Hoffmann)
Release: 13.06.2022
Label: Eatbrain
Katalognummer: VDL065
Wertung: 10/10
Horde – „Airframe“
Ich versuch ja schon irgendwie immer mal wieder andere Labels hier ins Boot zu holen, aber bei so einem großartigen Release hatte ich einfach keine andere Wahl, als wieder mal über Musik aus dem Hause Onyx Recordings zu sprechen. Diesmal heißt der Protagonist Horde! Hinter dem Pseudonym, welches vor allem Fans des Labels Impact Music bekannt vorkommen sollte, steckt der Franzose Bastien Hervieux aus dem wunderschönen Grenoble. Seit seinen ersten Releases in 2019, hat er ja schon einiges an soliden Techy Rollern zum Besten gegeben, aber mit seiner neuen „Airframe“ Doppelsingle hat er sich echt selbst übertroffen. Mit seiner umwerfenden Wand aus Synths, der phänomenalen Atmosphäre und dem Rhythmuswechsel im zweiten Drop ist vor allem der Titeltrack einfach purer Genuss in Audioform, aber die B-Seite „Two Sides“, in Kollaboration mit Lavance und Madrush MC, ist mit seinen wummernden Bässen und generell grandios guter Produktion ebenfalls nicht von schlechten Eltern. Verdient alle Aufmerksamkeit, die es kriegen kann! (Lennart Hoffmann)
Release: 17.06.2022
Label: Onyx Recordings
Katalognummer: JET010
Wertung: 9.5/10
Justin Hawkes – „Black Bloc“
Es gibt kaum einen, der sich so energisch für die lokale Szene einsetzt wie Justin Hawkes es für die amerikanische DnB Szene tut. Die ganze Geschichte mit dem Namenswechsel ist zwar inzwischen auch wieder ein paar Jährchen her, aber vielen wird der in Austin ansässige Producer auch noch als „Flite“ bekannt sein, immerhin war er damit jahrelang Stammgast auf Szenegiganten wie Liquicity und UKF. Aber auch seit seinem Neustart als Adlerfreund geht er immer noch gut durch die Decke, mit regelmäßigen Releases auf Drum & Bass Arena, Monstercat und eben auch UKF’s Unterlabel Pilot Records. Auf eben jenem arbeitet Justin nun auf sein lang ersehntes Debütalbum „Existential“ hin, los ging’s dabei nach langer (laaanger) Hype Kampage mit „Black Bloc“, also der Track über den ich hier mit euch quatschen will! Normalerweise warte ich mit solchen größeren Projekten ja immer, bis es komplett draußen ist, aber Black Bloc verdient in meinen Augen ein extra Spotlight. Mit einer fast schon überwältigend gut komponierten Atmosphäre im Intro zieht Justin jeden noch so pessimistischen Zuhörer in den Bann, bevor er sich einen wahrhaft fantastisch flowenden und übernatürlich klingenden Rhythmus aus den Ärmeln schüttelt. Die Drums, die Wellen aus Bass, die flatternden Hintergrundgeräusche, einfach alles passt perfekt zusammen. Wenn die anderen Tracks auf dem Album auch auf dem Level sind, wird das das Album des Jahres. (Lennart Hoffmann)
Release: 01.07.2022
Label: Pilot.
Katalognummer: PILOTLP001A
Wertung: 10/10