Forum – “Symposium LP”
Es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis das französische Trio einen Longplayer herausbringen würde. Denn mindestens The Clamps gehört zu den produktivsten gallischen Producern; Opsen macht sich solo rar (er hat ja Forum und Burr Oak – auch mit The Clamps) und SKS, den kennen manche vielleicht noch aus der Peaktime des Liquid. „Symposium“ ist jedenfalls eine richtige runde LP geworden und besticht vor allem durch das hohe Produktionslevel. Deepe und härtere Tracks halten sich hier die Waage und werden zum Teil durch die Beiträge der GastkünstlerInnen Cecil Hotel (ein Name, den man sich merken sollte), Medic MC, LaMeduza und Izela angereichert. Bereits der Einstieg „Jouvence“ macht richtig Bock auf das Album: eine tief unten wabernde Nummer mit behutsamen Vocals und einem Synth, die zwischendurch richtig böse werden kann. Letzterer Umstand trifft übrigens auf einige Tracks zu, also hütet eure Lautsprecher! Dem gemäß ist „Corruption“ dann auch mein Favorit des Albums. Wenn zusätzlich zur Sägezahnbassline noch ein bisschen mit Delay gearbeitet wird, geht mir das Herz auf. Bin das Album gerade noch mal durchgegangen und kann es nur wiederholen. Forum legen richtig Wert auf Qualität und haben überzeugende Arbeit geleistet! (Metric)
Release: 23.09.2022
Label: ProgRAM
Katalognummer: 4050538848045
Wertung: 9/10
Dizrupt – “Corrosion EP“
Analogien bei den Artistnamen sind inzwischen vermutlich keinem Genre mehr fremd. Und ich selbst kann mich ja auch nicht gerade davon freisprechen. Anyway. Dizrupt ist ein neuer Name, den ich erst mit seinem Remix von „Phace – Das Techno“ anlässlich dessen Patreon Remix Competition abgespeichert habe. Mit Disrupta hat er jedenfalls nix zu tun. Stattdessen ist Gabriel Giglio ein Brasilianer, der mit seinem Zweitprojekt „No Scandal“ bereits auf Chronic (V Recordings) releaste, womit sich der Kreis zum UK wieder schließt. Als Dizrupt ist er mit der „Corrosion EP“ auf Fraktal Sound gelandet und hört sich auch ne ganze Ecke anders an. Die EP startet mit „Instant“, einer minimalistischen Nummer, welche die Aufmerksamkeit vor allem durch cutting edge Stutter-Sounds auf sich zieht. Weiter geht’s mit dem Titeltrack „Corrosion“. Der ist rollenderer Natur, gönnt sich zwischendurch nen straighten Beat-Part und es ist immer noch ne Menge los im perkussiven Background-Sound-Bereich. „Format“ geht mehr Richtung Bristol-Stepper, aber auch hier machen diese break open Sounds das gewisse Etwas. „Turmoil“ markiert den Abschluss, geht in Sachen Bassline nochmals in die Vollen und erinnert bei genauem Hinhören tatsächlich dann auch wieder ein bisschen an Phace. Nach meinem Dafürhalten eine richtig spannende EP, deren viele, sagen wir mal „querliegende“ Sounds, es schaffen, dem gerade etwas konformistisch zu werden drohenden Techstep-Subgenre, einen frischen Wind von einer ganz anderen Seite einzuhauchen. (Metric)
Release: 19.06.2022
Label: Fraktal Sound
Katalognummer: FRKTLS006
Wertung: 9/10
Hadley – “Cause Of My Environment EP“
Hadley verfolge ich schon eine ganze Weile und wenngleich man anhand seiner Profilbilder sehen kann, dass er nicht mehr zur jüngeren Garde an Produzenten zählt, so gelang ihm der richtige Durchbruch bislang noch nicht. Dabei hat der talentierte Mann aus Chelmsford u.a. bereits mit Namen wie Creatures, Revan oder Waeys kollaboriert. Hört sich nach proper rolling business an? Ist es auch! Und doch muss ich sagen, dass die „Cause Of My Environment EP“ auf RAM das gewisse Etwas inne hat, was vorher vielleicht so ein bisschen fehlte. Vielleicht der Punch, denn der ist auf dem Release auf jeden Fall enthalten. Insbesondere bei „Dangerous Mind“, einer üblen Nummer mit außerordentlich fiesem Synth. Das Vocal tönt „watch the bassline“ und danach ist Bassface-Mode angesagt. Simple as that. Mein anderer Fav. ist „She´s A Keeper”. Hier heißt es: „Get a little deeper, this one´s a keeper”. So simpel die Vocalsnippets, so effektiv sind die Tunes! Bei den ersten beiden Titeln geht es einmal darum, Gefühle zu schnappen („Catching Feelings“) und einmal darum, Träume zu jagen („Chasing Dreams“). Die gehören eher so zur Kategorie: gute Tools. Denn gegen die zweite Hälfte des Releases kommen sie nicht an. Der ist einfach zu überragend! (Metric)
Release: 19.06.2022
Label: RAM Records
Katalognummer: 4050538842678
Wertung: 8/10
Hrspx – “Onia EP“
Der Ungar Hrspx, in Gänze Haruspex mag laut SC Piepmätze und Drum and Bass. Diese Kombination hab ich auch noch nicht gelesen. Das war’s dann aber auch schon mit näheren Informationen, also widmen wir uns direkt seiner „Onia EP“, die auf dem Hamburger Label Bass Rabbit erschien. Diese Veröffentlichung schlägt eher in die klassische Neurofunk-Kerbe und macht das außerordentlich kraftvoll. So sollte sich Neurofunk in 2022 anhören! Meine beiden favorisierten Tracks erinnern mich an die Musik von „The Clamps – Save Me“, sowie „Teddy Killerz – Empusa“. Jede Soundebene ist on point produziert. Ein cleveres Arrangement, mächtige Akkorde und der gekonnte Einsatz an Effekten führen dazu, dass die Tracks locker auch auf dem richtig großen Dancefloor funktionieren können. Bei dieser EP ist also wiederum die erste Hälfte der Killer. Danach folgt noch „The All-Maker“ sowie „Yali VIP“, die den Fokus jeweils mehr auf eine kräftige Snare legen und den übrigen Sounds daher nicht mehr so viel Raum geben (können). (Metric)
Release: 19.08.2022
Label: Bass Rabbit Recordings
Katalognummer: BRR018
Wertung: 8/10
Thystle – „Patchwork Tapestries EP“
Das Internet ist schon irgendwie ein toller Ort für Künstler. Man braucht nicht mehr unbedingt die intimsten Connections zu Labelbossen oder muss draußen im Raucherbereich seine Kassetten verteilen, man kann seine Kreationen einfach direkt auf den verschiedensten Plattformen teilen! Klar, da kommt auch oft Müll bei raus, aber hin und wieder kommt eben auch ein Diamant wie Thystle zum Vorschein. Lavendar Soar, aufgewachsen in Edinburgh, hat schon so ziemlich ihr ganzes Leben lang mit Musik zu tun. Egal, was für ein obskures Instrument dir so einfällt, sie hat es wahrscheinlich bei sich zuhause im Lager stehen und kann dir eine Melodie darauf zaubern. Erst zog es sie beruflich in die IT, jedoch fiel der Plan aufgrund ihrer stark ausgeprägten Sehschwäche schnell flach, weshalb sie stattdessen ihre musikalischen Talente weiter ausgebaut hat, vom lokalen Music College hin zum Studium in London. Nachdem sie nach dem Abschluss weder im Freelancing Bereich noch als Lehrerin so richtig zufrieden wurde, hat sie sich nach Alternativen umgeschaut. Und genau hier kamen Discord, Twitch & co. in’s Spiel! Inspiriert von Fox Stevenson, hat sich Thystle dran gesetzt, ihr eigenes Twitch Produktionsimperium aufzubauen, und streamt seit dem regelmäßig. Das Resultat dieser Arbeit können wir nun auf ihrem Debütrelease, der Patchwork Tapestries EP, bestaunen! So wunderbar ihre Backstory auch ist, ihre Musik ist noch mal ein ganzes Stückchen wunderbarer. Jeder Track strotzt nur so vor einzigartigen Ideen, wohlig warmen Bässen, umwerfend schönen orchestralen Ensembles und perfekten Piano Melodien. Kann ich jedem Liquid-Fan wirklich nur wärmstens empfehlen.
(Lennart Hoffmann)
Release: 16.09.2022
Label: -/-
Katalognummer: -/-
Wertung: 9/10
CRSV, Silentium – „Mannequin / Sweet Mistakes“
Von Schottland springen wir rüber ins heimische, erstaunlich viel Talent beherbergende Chemnitz! Aus der Karl-Marx-Stadt kommen aber nicht nur Superstar-Acts wie Kraftklub und Casper, nein nein, dort gibt es auch eine blühende DnB Community! Bestes Beispiel sind die beiden, die da oben im Titel stehen: Philipp Vieweger und Daniel Fraaß, besser bekannt als CRSV und Silentium. Philipp macht, zumindest unter diesem Namen, seit 2020 die Liquid Szene unsicher, Daniel ist 2021 mit dazugestoßen. Ersterer ist sowohl solo als auch in diversen Collabos mit stetigem Wegbegleiter TS bisher auf Differential, Fokuz und Glitch in Erscheinung getreten, oft auch mit Zweiterem im Gepäck. Seit Silentium’s Debüt EP auf dem hiesigen C Recordings im April diesen Jahres, gibt es aber auch von ihm etwas mehr Solomaterial zu bestaunen. Auf dem heutigen Release auf Aaron Payne’s 170+ Label aus Vancouver gibt’s aber erstmal wieder die Doppelkombo. Auf „Mannequin“ schlagen sie dabei sowohl elegant-seichte, als auch fast schon verängstigende, Erdbeben verursachende Töne an, während „Sweet Mistakes“ mehr in die melodisch-deepe Roller Richtung schwingt. Wie so oft bei den beiden, ist die Qualität in jeglicher Hinsicht so absurd hoch, dass es mich nicht wundern würde, wenn sie irgendwann auf britischen Labels wie Overview oder Critical landen. Verdient hätten sie’s auf jeden Fall. (Lennart Hoffmann)
Release: 23.09.2022
Label: 170+ Recordings
Katalognummer: 170PLUS11
Wertung: 9/10
HAZEY – „Run“
Unsere Weltreise macht diesmal einen riesigen Sprung, in Richtung Neuseeland! Dass es dort vor neuen großartigen Producern nur so wimmelt, sollte nun auch niemanden mehr überraschen. Trotzdem haut es mich immer wieder um. So auch geschehen bei Charlie Spicer, aka HAZEY. 2019 als DJ angefangen, hat es bis 2021 gedauert, bis er zufrieden genug mit seinen eigenen Produktionen war und endlich sein Debüt, Back To Life, rausgebracht hat. Ich war geflashed bis zum Gehtnichtmehr. Wenn er schon so grandios anfängt, was kommt dann wohl als nächstes? Nun, erstmal nicht allzu viel. Gut Ding will Weile haben und so. Jetzt, rund eineinhalb Jahre später, feiert er jedoch endlich sein Comeback, mit Run auf ShockOne’s Dark Machine Records, und ich könnt nicht glücklicher sein! Run verliert keine Zeit und dropkickt, nach kurzem atmosphärischen Intro, mit seinen kraftvollen Dancefloor Drums, fulminanten Bässen mit Ohrwurmcharakter und einem Rhythmus, bei dem man einfach nicht still sitzen kann, direkt die Tür nieder. Und da bleibt einem einfach nichts anderes übrig als dem Vocalsample Folge zu leisten und um sein Leben zu rennen. Direkt in Richtung der Boxen, um den massiven Bässen noch mehr lauschen zu können, natürlich. Kann’s kaum erwarten, was er noch so auf Lager hat! (Lennart Hoffmann)
Release: 30.09.2022
Label: Dark Machine Records
Katalognummer: DMR030
Wertung: 9.5/10
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Houndeye, Quoone – „Mindkiller“
Ein letzter, großer Sprung auf unserer Weltreise bringt uns in die guten alten Vereinigten Staaten. Seit geraumer Zeit braut sich dort nämlich ein Sturm an neuen DnB Artists zusammen und es ist höchste Zeit, dass wir uns ein paar von denen mal genauer anschauen. Deshalb nehm ich mir heute den neuen Release von Houndeye, dem 2021 gegründeten DnB Projekt von Felipe Pereira, auch bekannt als eine Hälfte von Dubstep Duo City 17, und Quoone, dem früheren Dubstep und heutigen DnB Alias des frisch 19-jährigen (!) Quan Hoang Minh Nguyen. Beide, und noch viele viele mehr, hab ich über T & Sugah’s exzellente High Tea Compilations kennengelernt, was ich einfach noch mal extra erwähnen wollte, weil High Tea toll ist. Die erste von hoffentlich vielen Zusammenkünften dieser beiden aufstrebenden US Artists ist „Mindkiller“, released auf dem gerade erst gegründeten Simplify Sublabel Manifest. Wer den Dancefloor Sound der beiden kennt und mag, wird auch mit Mindkiller große Freude finden. Großartige Gitarrenpassagen und ein Killer Sample aus Dune geleiten einen in einen Drop voller schlagkräftiger Snares, munter hüpfender Bässe und mysteriösen Synthmelodien. Was will man mehr? (Lennart Hoffmann)
Release: 07.10.2022
Label: Manifest
Katalognummer: MANI001
Wertung: 8.5/10